22
Nov
2006

4. Einheit vom 9. November 2006

Wie immer gibt es eine PPP zum Vortrag. Die Mitschrift ist als Ergänzung dazu gedacht.

„USA – Ein neues Imperium?“ von Heinz Gärtner

Es gibt immer einen historischen Bezug bei Imperien, der Versuch ist immer sehr groß mit alten Imperien zu vergleichen. Vor allem seit der Bush-Administration gibt es die Diskussion heute über die USA als Imperium. In der Politikwissenschaft gibt es aber die Debatte seit 1987 Paul Kennedy „Aufstieg und Fall der großen Mächte“ geschrieben hat. Es galt eigentlich für die USA, ist aber in Wirklichkeit auf die SU zugetroffen.

Es gibt eine realistische Schule, die sagt: die ganze Welt bleibt in einem Gleichgewicht. Bei Macht kommt Gegenmacht. Realisten nach 1991 gehen von „unipolar moment“ aus (Krauthammer). Zunehmend kristallisiert sich aber heraus, dass sich nicht alle gegen die USA zusammenschließen. Mearsheimers Buch: „Großmächte bleiben wir allein“. Mit Bush und den Neo-Cons wird angefangen von Imperium zu sprechen, auch Krauthammer spricht nun allgemein von unipolar.

Paul Kennedy untersuchte warum Imperien einen Fall haben: „imperial overstretch“. Laut Militärausgaben zu GDP bei den USA kann dies aber nicht nachgewiesen werden – nur ca. 4% im Moment. Außerdem gibt es ein laufendes Wachstum der Bevölkerung und ein stets Wirtschaftswachstum. Dagegen sprechen die hohen Schulden im Ausland. Nach den Parametern von Kennedy ist die USA aber nicht im Verfall.

Die Neo-Cons, besonders in der Bush-Administration I, haben analysiert, dass Europa am absteigenden Ast ist (Kagan). Kagan ist vor allem militärisch ausgelegt worden – es kommt auf Hard-Power an. Die Neo-Cons glauben, dass mit Militärmacht alles machbar ist, so auch die Demokratie zu implementieren. Der Irak-Krieg kann also als Laboratorium angesehen werden. Irak steht bereits seit den 1990ern auf der Liste der Neo-Cons, es galt als Musterbeispiel. Weil es aber nicht erfolgreich ist, haben sich viele abgewandt (so auch Rücktritt von Rumsfeld).

Krauthammer versucht beide Seiten zu verbinden --> demokratischer Realismus. Die eine Seite sagt: ja, Empire – aber liberal (Menschenrechte). Ignatieff spricht von „Empire light“. Die andere Seite: nein, weil Engagement in IOs.

Imperiale Botschaft von Bush: Entweder ihr seid mit mir, oder ihr seid gegen mich. Kennedy ist implizit davon ausgegangen, dass die USA das selbe Schicksal erleiden wird wie die alten Imperien. Er ging also davon aus, dass die USA ein Imperium ist. Die Definition von Imperium ist sehr schwierig.

Def. von Imperium nach Gärtner: „Empire ist, wenn entscheidender Einfluss auf innere Strukturen eines anderen Staates vorhanden sind“. Das ist im Gegensatz zur Kolonialmacht, weil dort nur äußere Strukturen dominiert werden. Diese Definition trifft aber nicht wirklich auf USA zu, man würde zwar gerne, schafft es aber nicht. Während die UK im späten 19. Jh. / Anfang 20. Jh. immer mehr FDI hatte, weil Aufgaben langfristig in Kolonien übernommen wurden, hat die USA hingegen keine langfristigen Institutionen, im Gegenteil. Es gibt immer mehr FDI, das ins Land kommt.

Joseph Nye: Eine Großmacht sollte eine Großmacht durch soft power sein. Nicht durch Expansion sondern durch Attraktion anziehend sein (soft power Konzept sehr gerne von EU angenommen). Nobelpreisträger, F&E, Unis spricht aber alles für USA. Allgemein kommt es auf Blickwinkel an.

Mandelbaum: USA ist kein Löwe sondern ein Elefant. Ohne die USA würde es viele Symbiosen nicht geben. Die Neo-Cons sind sehr geschwächt worden durch den Verlauf im Irak-Krieg. Dies wurde rasch von Fukuyama erkannt. Vor allem distanziert er sich von Krauthammer in „America at the Crossroads“. Darin bringt er vier Punkte:
1) Demokratisierung, da der interne Charakter von Regierungen sehr wichtig ist; für Neo-Cons hingegen nur der äußere wichtig
2) Moral soll es in der Außenpolitik geben – aber sie soll nicht aufzwingbar sein
3) Neo-Cons verabsäumten nation-building und social engineering
4) Neo-Cons sind IOs egal. Statt uni- soll multipolar gehandelt werden. Aber die UN wird nicht als wichtiges Forum angesehen.
--> Fukuyama vertritt also einen realistischen Wilsonismus

Die Debatte ging weg von den Neo-Cons, Ikenbery schrieb einen Artikel, dass Realismsu notwendig sei, aber klassischer Liberalismus ebenfalls. In der Außenpolitik äußert sich das in Menschenrechten, etc. Demokratie ist wichtig für die USA, aber primär „world of liberty and law“.

Rumsfeld war seit 2000 mit den Neo-Cons zusammen: „New American Century“. Sein Nachfolger Gates ist hingegen ein Realist mit multipolarer Prägung.

Die Debatte über das Empire wird eine historische Fußnote werden, es ist aber auch sehr stark an die Administration gebunden (besonders Bush I).

25
Okt
2006

3. Einheit vom 19.10.2006

Vortrag:
Rom: Imperium und Militärmacht von Ilya Steffelbauer

Eigentlich interessiert in diesem Vortrag nicht das Römische Reich sondern die Römische Republik. Es geistert im Feuilleton derzeit herum, dass moderne Massendemokratien friedlich sind. Für Althistoriker (wie es Steffelbauer einer ist) ist dies vermessen. Die Athener zB waren sehr aggressiv. Das römische Imperium war bereits (fast) fertig. Augustus übernahm ein Produkt einer republikanischen Gesellschaft --> widerspricht klar dem Marxismus. Das erfolgreichste Großreich der Antike wurde also von einer Republik geschaffen! Steffelbauer bezeichnet Rom bewusst als Supermacht --> es geht um Qualität nicht Quantität.

Stationen: Zunächst Niederschlagung Karthagos, aber immer noch eine polyzentrische Umgebung. Denn eine Phase wurde nie erreicht, wo nichts mehr da war was ähnliche Stärke wie Rom besessen hatte. Das Pendant (wie die SU zur USA) zu Rom war das Perserreich (zunächst die Parther, dann die Sassaniden) --> Rom konnte diese nie besiegen. Es stellt sogar Roms Existenz in Frage, im Endeffekt war es auch am Kollaps des Oströmischen Reiches beteiligt und hatte den Aufstieg des Islam ermöglicht. Ostrom steht eigentlich als Sieger da, weil Sassanidenreich zusammenbricht, aber Islam bringt Ostrom um.

Wenn man sich den Beginn Roms ansieht, hätte wohl niemand geglaubt, dass Italien einmal Zentrum sein wird. Ernst wird es erst um ca. 600 vZ, 753 ist eine Erfindung.
Zu jener Zeit war eine sehr intensive, kriegerische Zeit in Mittelitalien. Rom war eine Ansiedlung von Dörfern im Sumpf. In Italien war eine ähnliche Situation wie in Griechenland einige Jahrhundert zuvor. Die Gesellschaft ist durch und durch agrarisch, es gibt keine Schrift. Es bleibt übrigens agrarisch bis in die späte Republik. Viel wird von den Etruskern übernommen, zu diesen wird kulturell auch aufgeschaut. Weiter sind in Italien Griechen und Karthager zu finden. Römer sind für diese Barbaren, man hört aber auch nichts von den Römern, sie werden nicht einmal ignoriert. Erst mit dem berühmten Pyrrhus-Sieg wird der Osten aufmerksam. Dann aber hat Rom bereits Mittelitalien in seiner Hand.

Am Anfang ist ein System von adeligen Clans (Kernfamilie + andere Familie + Gefolgsleute), die laufend Kriege gegen andere Dörfer führen, in einer losen Gemeinschaft sind. Das ändert sich durch eine militärische Innovation, die nach Steffelbauer gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann: die Phalanx. Dies ist eine Militärtaktik, es ist eine Speerformation mit speziellem Schild (Hoplon, deswegen der Ausdruck Hopliter). Gegen jede Art von leichter Infanterie ist sie unschlagbar--> die ganze Essenz des Erfolgs. Diese Innovation als solches reicht aber nicht. Denn eigentlich wurde sie ja in Griechenland entwickelt, dort herrscht aber ein anderes Gesellschaftssystem vor, es gibt vergleichsweise egalitäre Bauern dort, die Hoplitenausrüstung ist aber (zu) teuer für diese.

Um eine andere Phalanx zu schlagen war für den Erfolg entscheidend mehr Männer zu haben als die andere Phalanx. Eine Gesellschaft braucht deshalb eine möglichst große Phalanx, also Leute die sich das auch leisten können. Nur wie? Die frühe Römische Republik führt ständig Krieg gegen Nachbarn, weil sie immer Land brauchen. Das ist das entscheidende! Es ist ein Kreislauf der in Gang gesetzt wird (Ausnahme: es wird ein Bündnis geschlossen). Im griechischen Raum gibt es aber nur eine begrenzte Anzahl von Soldaten. Rom hingegen wertet einen Teil seiner Gesellschaft auf um auf mehr Männer zurückgreifen zu können --> die Kleinbauern dürfen im Gegenzug mitreden. Die Aristokraten werden militärisch abgewertet, die politische Ordnung verändert sich.

Die römische Gesellschaft wird politisch und militärisch also so geändert, dass sie die Phalanx perfekt einsetzen können. Sie wird in Klassen eingeteilt nach Zensus und es gibt eine dementsprechende Militärleistung --> soziale Dynamik. Es gibt eine große Menge an Bürgern, die gar nicht wehrfähig sind („Agrarproletariat“). Anzahl der Kriege wird immer mehr, immer mehr Leute werden benötigt, die Dynamik bleibt gleich, das militärische System ist weiterhin sehr einfach, aber es gibt ein Problem mit der Mannstärke. Die Römer sind keine Imperialisten, die die anderen vernichten, sondern sie versuchen diese zu integrieren, vor allem militärisch. Bei Friedensverträgen wird immer Heeresfolge verlangt.

Die Expansion kommt immer in eine Krise. Italien ist nicht entvölkert, aber das Militärsystem ist problematisch. Bauern müssen 16 Jahre Kriegsdienst leisten, weil immer Krieg ist. Dies kann diesen aber in den Ruin führen, weil es eben eine agrarische Gesellschaft ist. Probleme werden erstmals bei Punischen Kriegen evident. Es gibt keine Bürgersoldaten mehr. Rom ist als Volkswirtschaft sehr stark, es hat Ressourcen und Sklaven aus dem ganzen Reich. Die Patrizier kaufen Land, haben jetzt viel Geld. Die Kleinbauern hingegen geraten unter Druck --> Verproletarisierung, sie gehen in die Zentren um überleben zu können. So gibt es viele Arbeitslose die nach Arbeit und Prestige suchen.

Dann gibt es den genialen Beschluss, dieses Proletariat als Soldaten anzuwerben --> Berufssoldaten. Damit war auch die nötige Professionalisierung endlich geschaffen, die Rom sehr nötig hatte. Diese Soldaten wollen viel Geld machen --> Plünderungen. Diese sind wiederum nur durch erfolgreiche Eroberer möglich --> Dynamik der späten Republik. Jeder erfolgreiche Politiker muss militärisch erfolgreich sein --> Militarisierung --> Bürgerkriege --> Militärdiktatur. Augustus sitzt nicht einer Republik vor sondern einer autoritären Militärdiktatur. Aber das interessante: dies ist das Ende der Expansion! Während Augustus fällt die Dynamik zusammen --> „Augustinsche Schwelle“. Bei Umbruch Individuen entscheidend --> Augustus. Britannien unter Claudius später mehr ein Zufall, weil dieser kein Eroberer war. Rom wurde nun ein konservatives System. Es gab keine großen sozialen Umbrüche mehr, vieles ändert sich zwar, aber erst am Ende des Kaiserreiches wieder eine große Aktion des Umbruchs.
Die Dynamik der Expansion hing also sehr stark mit den Zwängen der Militärgesellschaft zusammen

24
Okt
2006

2. Einheit vom 12.10.2006

Allg.:
Ab nächster Woche wird die Website online sein!
Prüfungsmodalitäten befinden sich hier!
Diese Mitschrift ist also Ergänzung zu der PPP von Hakami gedacht.

Vortrag:
„Die Anthropologie des Krieges“ von Khaled Hakami

Krieg ist immer noch ein Tabuthema in der Anthropologie (Hakami selbst ist Anthropologe)
Als Kriegsanthropologe ist er nicht an eine gewisse Zeit gebunden, wie es Historiker sind.

Hauptgegner im sozialwissenschaftlichen Bereich:
1) Idealistische Erklärung
Vor allem in der Öffentlichkeit zu finden bzw. bei früherer Anthropologie. Es gibt noch Idealisten, zB Huntington
2) Biologisten
„Gehen mir auf die Nerven“
Klassischen: es liegt in unserem Blut (nicht nachweisbar), Instinkte die im Menschen sind, im Individuum
Soziobiologie: am komplexesten; Chagnon war 1967 im Nordamazonas. Dort war eine Gesellschaft komplett auf Krieg ausgerichtet: die Yanomami (ca. 10.000 Leute). Begründung für ihr Verhalten: fierceness. Um Gene möglichst gut zu verteilen, darf es nur von den Besten weitergegeben werden. Es wird darwinistisch argumentiert. Die eigene Genbasis soll gesteigert werden.

Problem: Krieg wird zwar von Gruppen geführt, aber eigentlich vom Individuum aus
Engels: Steigende Qualitäten schlagen steigende Quantitäten
Falsche Frage für Sozialwissenschaften: Warum führen Menschen Krieg? Es ist immer das Individuum. Deshalb die Frage: Warum haben Gruppen unterschiedlicher Arten, Frequenzen, Intensitäten von Krieg?
Merksatz: Verwandtschaftliche Bedingungen werden strukturell einbetoniert

Es gibt Gesellschaften, die keinen Krieg kennen --> so wie die Yanomami früher gewesen sind. Krieg braucht Energie --> dies ist bei Sammler und Jäger nicht notwendig. Es besteht keine Notwendigkeit.
Krieg gibt es länger als den Westen. Wie kommt es dann dazu? Wie hat sich Krieg entwickelt?
Sobald Gesellschaften sesshaft werden steigert sich die Population einer Gesellschaft enorm --> Ressourcenknappheit. Setzt ein mit der Neolithischen Revolution. Bevölkerung zeigt als erste Reaktion Krieg, weil es die effektivste Lösung ist.
Dispensiv: Gesellschaften vertreiben sich
Aggregativ: eine Gesellschaft ordnet sich unter. Andere werden stratifiziert --> dadurch Begrenzung des Raumes --> Staatenbildung (aber durch Zwänge entstanden!). Auch in Mesopotamien, Ägypten, China, … Es ist keine Frage der Mentalität, sondern eben eine Frage des Zwanges. Es ist ein Selektionsprinzip, der Stärkere setzt sich gegen den Schwächeren durch.

Hakami erklärt offen, dass seine Theorie Grenzen hat. Es gilt nur, wenn es auf Ackerbau und begrenzte Ressourcen bezogen ist. Gilt also auf keinen Fall im Kapitalismus!

22
Okt
2006

1. Einheit vom 5.10.2006

Es werden nur formelle Dinge besprochen, nichts wesentliches.

Diese Mitschrift ist für alle zugänglich. Die Texte sind nicht überprüft und können Fehler enthalten! Falls Fehler gefunden werden, bitte ich diese zu melden an: langerjohannes (at) gmx.at
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