25
Okt
2006

3. Einheit vom 19.10.2006

Vortrag:
Rom: Imperium und Militärmacht von Ilya Steffelbauer

Eigentlich interessiert in diesem Vortrag nicht das Römische Reich sondern die Römische Republik. Es geistert im Feuilleton derzeit herum, dass moderne Massendemokratien friedlich sind. Für Althistoriker (wie es Steffelbauer einer ist) ist dies vermessen. Die Athener zB waren sehr aggressiv. Das römische Imperium war bereits (fast) fertig. Augustus übernahm ein Produkt einer republikanischen Gesellschaft --> widerspricht klar dem Marxismus. Das erfolgreichste Großreich der Antike wurde also von einer Republik geschaffen! Steffelbauer bezeichnet Rom bewusst als Supermacht --> es geht um Qualität nicht Quantität.

Stationen: Zunächst Niederschlagung Karthagos, aber immer noch eine polyzentrische Umgebung. Denn eine Phase wurde nie erreicht, wo nichts mehr da war was ähnliche Stärke wie Rom besessen hatte. Das Pendant (wie die SU zur USA) zu Rom war das Perserreich (zunächst die Parther, dann die Sassaniden) --> Rom konnte diese nie besiegen. Es stellt sogar Roms Existenz in Frage, im Endeffekt war es auch am Kollaps des Oströmischen Reiches beteiligt und hatte den Aufstieg des Islam ermöglicht. Ostrom steht eigentlich als Sieger da, weil Sassanidenreich zusammenbricht, aber Islam bringt Ostrom um.

Wenn man sich den Beginn Roms ansieht, hätte wohl niemand geglaubt, dass Italien einmal Zentrum sein wird. Ernst wird es erst um ca. 600 vZ, 753 ist eine Erfindung.
Zu jener Zeit war eine sehr intensive, kriegerische Zeit in Mittelitalien. Rom war eine Ansiedlung von Dörfern im Sumpf. In Italien war eine ähnliche Situation wie in Griechenland einige Jahrhundert zuvor. Die Gesellschaft ist durch und durch agrarisch, es gibt keine Schrift. Es bleibt übrigens agrarisch bis in die späte Republik. Viel wird von den Etruskern übernommen, zu diesen wird kulturell auch aufgeschaut. Weiter sind in Italien Griechen und Karthager zu finden. Römer sind für diese Barbaren, man hört aber auch nichts von den Römern, sie werden nicht einmal ignoriert. Erst mit dem berühmten Pyrrhus-Sieg wird der Osten aufmerksam. Dann aber hat Rom bereits Mittelitalien in seiner Hand.

Am Anfang ist ein System von adeligen Clans (Kernfamilie + andere Familie + Gefolgsleute), die laufend Kriege gegen andere Dörfer führen, in einer losen Gemeinschaft sind. Das ändert sich durch eine militärische Innovation, die nach Steffelbauer gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann: die Phalanx. Dies ist eine Militärtaktik, es ist eine Speerformation mit speziellem Schild (Hoplon, deswegen der Ausdruck Hopliter). Gegen jede Art von leichter Infanterie ist sie unschlagbar--> die ganze Essenz des Erfolgs. Diese Innovation als solches reicht aber nicht. Denn eigentlich wurde sie ja in Griechenland entwickelt, dort herrscht aber ein anderes Gesellschaftssystem vor, es gibt vergleichsweise egalitäre Bauern dort, die Hoplitenausrüstung ist aber (zu) teuer für diese.

Um eine andere Phalanx zu schlagen war für den Erfolg entscheidend mehr Männer zu haben als die andere Phalanx. Eine Gesellschaft braucht deshalb eine möglichst große Phalanx, also Leute die sich das auch leisten können. Nur wie? Die frühe Römische Republik führt ständig Krieg gegen Nachbarn, weil sie immer Land brauchen. Das ist das entscheidende! Es ist ein Kreislauf der in Gang gesetzt wird (Ausnahme: es wird ein Bündnis geschlossen). Im griechischen Raum gibt es aber nur eine begrenzte Anzahl von Soldaten. Rom hingegen wertet einen Teil seiner Gesellschaft auf um auf mehr Männer zurückgreifen zu können --> die Kleinbauern dürfen im Gegenzug mitreden. Die Aristokraten werden militärisch abgewertet, die politische Ordnung verändert sich.

Die römische Gesellschaft wird politisch und militärisch also so geändert, dass sie die Phalanx perfekt einsetzen können. Sie wird in Klassen eingeteilt nach Zensus und es gibt eine dementsprechende Militärleistung --> soziale Dynamik. Es gibt eine große Menge an Bürgern, die gar nicht wehrfähig sind („Agrarproletariat“). Anzahl der Kriege wird immer mehr, immer mehr Leute werden benötigt, die Dynamik bleibt gleich, das militärische System ist weiterhin sehr einfach, aber es gibt ein Problem mit der Mannstärke. Die Römer sind keine Imperialisten, die die anderen vernichten, sondern sie versuchen diese zu integrieren, vor allem militärisch. Bei Friedensverträgen wird immer Heeresfolge verlangt.

Die Expansion kommt immer in eine Krise. Italien ist nicht entvölkert, aber das Militärsystem ist problematisch. Bauern müssen 16 Jahre Kriegsdienst leisten, weil immer Krieg ist. Dies kann diesen aber in den Ruin führen, weil es eben eine agrarische Gesellschaft ist. Probleme werden erstmals bei Punischen Kriegen evident. Es gibt keine Bürgersoldaten mehr. Rom ist als Volkswirtschaft sehr stark, es hat Ressourcen und Sklaven aus dem ganzen Reich. Die Patrizier kaufen Land, haben jetzt viel Geld. Die Kleinbauern hingegen geraten unter Druck --> Verproletarisierung, sie gehen in die Zentren um überleben zu können. So gibt es viele Arbeitslose die nach Arbeit und Prestige suchen.

Dann gibt es den genialen Beschluss, dieses Proletariat als Soldaten anzuwerben --> Berufssoldaten. Damit war auch die nötige Professionalisierung endlich geschaffen, die Rom sehr nötig hatte. Diese Soldaten wollen viel Geld machen --> Plünderungen. Diese sind wiederum nur durch erfolgreiche Eroberer möglich --> Dynamik der späten Republik. Jeder erfolgreiche Politiker muss militärisch erfolgreich sein --> Militarisierung --> Bürgerkriege --> Militärdiktatur. Augustus sitzt nicht einer Republik vor sondern einer autoritären Militärdiktatur. Aber das interessante: dies ist das Ende der Expansion! Während Augustus fällt die Dynamik zusammen --> „Augustinsche Schwelle“. Bei Umbruch Individuen entscheidend --> Augustus. Britannien unter Claudius später mehr ein Zufall, weil dieser kein Eroberer war. Rom wurde nun ein konservatives System. Es gab keine großen sozialen Umbrüche mehr, vieles ändert sich zwar, aber erst am Ende des Kaiserreiches wieder eine große Aktion des Umbruchs.
Die Dynamik der Expansion hing also sehr stark mit den Zwängen der Militärgesellschaft zusammen
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