25
Jan
2007

12. Einheit vom 25. Jänner 2007

Krieg, Militär und Geschlecht im 20. Jh. von Elfriede Hämmerle

1982 Geoffrey Best: We need to concern ourselves with the women, who had very little part in our story.
2000 Martin van Creveld: „Men, Women and War“ – viel Aufsehen, weil gegenwärtige Entwicklung im Vergleich der Geschlechter: Er behauptet, dass Feministinnen behaupten, dass diese nicht wegen der Anatomie sondern wegen Ideologie und Kultur die Ursache ist, ein Konstrukt des Geschlechts.

Van Creveld’s Buch ist also gegen die Frauen- und Geschlechtergeschichte vorgegangen, es ist die Antwort eines Militärhistorikers darauf, dass die Frauen in die letzte Männerbastion eindringen. Van Crefeld versucht zu belegen, dass Frauen nie gekämpft hätten sondern nur Maskottchen oder Mannweiber.

2003 van Creveld: „Das bevorzugte Geschlecht“: Es ist eine Antwort, dass Frauen eben nicht immer unterdrückt wurden. Es ist zu sehen, dass die Themen Krieg Militär und Geschlecht zu einem großen Diskussionsthema geworden sind.

4 Schritte:

1) Paradigmenwechsel: Militärgeschichte → „New Military History“ (kritische Militärgeschichte); Frauengeschichte → Geschlechtergeschichte (inkl. Männergeschichte). Sehr wichtig waren dabei die Kriege in Ex-Jugoslawien, die Auswirkungen auf Geschlechter wurden erstmals sehr ausführlich untersucht.

2) Brüche und Kontinuitäten: Zur Geschichte militärzugehöriger und kombattanter Frauen. Heldenjungfrauen, Amazonen, Soldatenfrauen, Frau Oberst, Rotkreuzschwester – historische Begriffe, die in ihrer Zeit verwendet wurden. Frauen standen also nicht nur am Rande eines Krieges sondern waren Teil der Armeen selber waren. Das Phänomen des Trosses in der Frühen Neuzeit ist nicht zu unterschätzen, es war ein Verhältnis von 3:1 zu Soldaten. Es gibt immer wieder „Amazonen“, so auch eine Schweizerin, die ihren Mann, der Napoleon diente, 20 Jahre begleitete. Im 19. Jh. wird der Tross immer weiter zurückgeschraubt. Die Entwicklung geht weg von den stehenden Konskriptionsarmeen hin zu Wehrpflichtarmeen (allgemeine Wehrpflicht). Ein neuer Typus des Soldaten wird geschaffen, der ledig und jung ist und seinem Staat dient. Dafür bekommt er Rechte. 1793 gibt es die erste allgemeine Wehrpflicht, 1814 in Preußen, 1862 in Italien, 1868 in Österreich-Ungarn, 1870/71 Gesamtes Deutsches Reich, 1916 England (der letzte Staat in Europa!), 1940-73 in den USA. Oft ist die Wehrpflicht gekoppelt mit der Gründung von einem Nationalstaat. Armeen werden zu rein männlichen Institutionen, Männer sind auch für kochen und putzen zuständig. Trotzdem gibt es noch wenige Frauen, die Teil der Armeen sind. Im WWI kommen die Armeen aber auch nicht aus ohne Frauen, ab 1917 waren in der K&K-Armee 50.000-70.000 Frauen angestellt hinter der Front. Im WWII gab es die Wehrmachthelferinnen, verstärkt ab 1942 eingezogen, ca. 500.000 Frauen insgesamt. Es gab immer wieder Frauen, die sich als Männer verkleideten (cross-dressing) – bereits seit der Frühen Neuzeit bekannt. Frauen sind aber nicht nur Opfer, sie sind auch Mittäter – vor allem am WWII wurde dies stark diskutiert. Im Golfkrieg wurden bereit 25.000 Soldaten eingesetzt, in Russland gibt es 15% Soldatinnen, auch in den USA steigt es. Oft kommen diese Frauen aus der Unterschicht, es wird versucht der Armut zu entkommen. Die Öffnung für Frauen, vor allem für kombattante Positionen, wurde aber nicht freiwillig vollzogen, sondern sie mussten regelrecht gezwungen werden (durch Gerichte, wie in Kanada, USA, Deutschland).

3) Von der Wirkmacht der polaren Geschlechterordnung: Der „soldatische Mann“ und die „friedfertige Frau“. Frauen wurden im 19. Jh. festgelegt auf einen gewissen Platz, meist auf karitative Funktionen. Es wurden patriotische Frauenvereine gegründet, die Geld sammelten. Es entstanden auch Pflegerinnen und Krankenschwestern. Florence Nightingale 1853/56 verpflegt Soldaten im Krimkrieg – sie erreichte eine große Popularität. Die Frau wird per se die Friedfertigkeit zugeschrieben, dies ist auch bildlich zu sehen. Die Männlichkeit hingegen wird immer mehr verbunden mit Krieg. Es wird den Frauen moralisch auferlegt friedfertig zu sein. Dieser Diskurs ist vor allem im WWI sehr stark von dieser Bipolarisierung. Von der Wehrpflicht werden aber bei weitem nicht alle erfasst, es sind also bei weitem nicht alle „Männer“. 1870 waren 21,1% körperlich tauglich, am Höhepunkt 1900 27,7%!

4) Grenzüberschreitungen und Ambivalenzen: Krieg und Erfahrung. Auch wenn Frauen im späten Kriegswesen mehrheitlich Kriegsfürsorgedienst leisteten und also kombattante Frauen ein Randphänomen waren, kann doch nicht gesagt werden, dass diese Frauen rein als Frau aufgegangen sind. Die Kriegserfahrungen hatten durchaus emanzipatorische Effekte.

5) Krieg und sexuelle Gewalt: Trotz alledem waren Frauen immer Opfer. Frauen werden bei Kriegshandlungen oft nicht als Akteurin wahrgenommen sondern als sexualisiertes Objekt. Die Krankenschwester war nicht nur pflegend dargestellt sondern oft als Hure, als lüsternde Frau. Im modernen Kriegswesen wurden Frauen Opfer mehr denn je, weil die Zivilbevölkerung immer bei den Kriegen zu leiden hat. In vielen Kriegen sind Frauen die größere Opfergruppe als Männer. Kriegsvergewaltigungen hat es immer gegeben, aber im 20. Jh. hat es verheerende Auswirkungen gegeben. Frauen stehen als Frauen an der „Front“. Frauen werden doppelt zum Opfer gemacht, denn sie werden vergewaltigt und es soll noch eine Ehrbeschmutzung sein für den Ehemann, damit dieser auch beleidigt wird.
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